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Wahrheit oder Mythos: der „will to please / gefallen wollen“

Die Wahrheit gleich zu Beginn: es gibt ihn nicht! Der „will to please“ impliziert, das die freundliche Zuwendung der Bezugsperson als einzige Konsequenz ausreichen würde, um positiv verstärkend zu wirken. Doch leider ist es ein Irrglaube, es gäbe Hunde, die allein wegen des netten Zuspruchs ihres Menschen durchgehend motiviert sind zu arbeiten und Aufgaben erfüllen: Verhalten ensteht aus (aktuellen) Bedürfnissen mit dem Ziel diese Bedürfnisse durch das gezeigte Verhalten zu stillen. Bedürfnisse und Motivationen sind jedoch vielfältig und verändern sich ständig und zwar bei jedem Hundi (und bei jedem anderem Individuum auch!). Daher kann die soziale Zuwendung alleine die Bedürfnispalette des Hundes nicht abdecken und demzufolge kann die soziale Zuwendung auch nicht als alleinige positiv verstärkende  Konsequenz genutzt werden, da sie einen großen Teil der aktuellen Bedürfnisse des Hundes nicht befriedigen kann und somit in diesen Fällen nicht positiv verstärkend wirkt! Natürlich ist die soziale Zuwendung (vom lieben Wort bis hin zur entspannenden Massage) ein ganz wichtiger Bestandteil der positiven Verstärkungs – und Belohnungsmittel (Unterschied Belohnung/ Verstärkung), doch muss man die Palette der positiven Verstärkungsmittel und der Belohnungen seines Hundes sehr viel breiter fächern, wenn man den Prozess der positiven Verstärkung bzw. der Belohnungen gezielt nutzen möchte:   

  • Futter in verschiedensten Wertigkeiten (von so lala bis hin zu supertoll), welches auf unterschiedlichste Arten Angeboten wird
  • Soziale Zuwendung (vom lieben Wort bis hin zur entspannenden Massage)
  • Spiel in all seinen Facetten
  • Entscheidungsfreiheit
  • Selbstbelohnende Verhalten

Der Hundi, dem „will to please“ nachgesagt wird, weil „leichtführig“ nur durch das nette Wort, ist in Wahrheit nur ein Hundi, der eine sensible Wahrnehmung hat und schon kleinste negative emotionale Regungen in seinem Menschen erkennt  (= Akündigungssignal für Strafe). Diese negativen Emotionen lassen in Hundi das Gefühl von Bedrohung aufkommen und führen (im besten Fall)zu einem Hundi, der versucht durch sein Verhalten (weitere) Strafe zu verhindern, zum Beispiel durch schnellen Verhaltensabbruch des aktuell gezeigten Verhaltens. Diese schnelle Verhaltensreaktion -zum Beispiel der schnelle Verhaltensabbruch – wiederrum führt bei der Bezugsperson zur Entspannung und zu netten Worten, welche Hundi wahrnimmt und Hundi Erleichterung verschaffen, da so eventuelle Strafe abgwendet wurde ( = negative Verstärkung! ).
 

Hunde die durch dieses System in ihrem Verhalten beeinflusst werden machen oft den Eindruck  von „Leichtführigkeit“,  entfernen sich meist nicht weit von ihren Menschen und zeigen weniger intensives Interesse an der Umwelt, bzw. unterbrechen dieses schnell, wenn der Mensch die Stimme erhebt.
Diese Hunde erwecken dann durch die schnelle Verhaltensreaktion (z.B. schneller Verhaltensabbruch) mittels falsch interpretierter Körpersprache (u. A. falsch interpretierte Beschwichtigungssignale)im Menschen die Überzeugung , Hundi würde sich über die Bezugsperson und die netten Worte freuen, doch ist es nur die Erleichterung des Hundes, die ihn freudig erscheinen lässt , da das „nette Wort“ Hundi signalisiert, dass Strafe aktuell nicht zu erwarten ist. 
 
Daher macht es einen großen Unterschied, ob der Hund seinem Menschen folgt, weil er gelernt hat durch  Verhalten (z.B. Verhaltensabbruch)  Strafe zu vermeiden, oder ob der Hund in seinem Menschen einen Lebensmittelpunkt sieht, weil dieser als Konsequenz für Hundis Verhalten dessen  Bedürfnisse auffängt und befriedigt, ohne ihn zu ängstigen.
Generell sollte man sich deshalb „auf die Jagd nach gutem Verhalten“ begeben, denn unsere Hunde zeigen so viel tolles Verhalten den Tag über, dass es eine Verschwendung wäre, wenn man es nicht mit dem Markersignal markieren und entsprechend honorieren würde.
Insbesondere sollte man sich bewusst machen, dass jeder Hund unmittelbar vor einem unerwünschten Verhalten garantiert gutes oder akzeptables Verhalten zeigt! Dieses gilt es immer mittels Markersignal einzufangen! Man schiebt so nicht nur das Erlernen verschiedenster Alternativverhalten in einer Situation an, sondern man baut gleichzeitig die gute Bindung und Beziehung zu seinem Hund aus! Denn anbinden tut man sich immer an das Individuum, welches einem die Bedürfnisse befriedigt, also an den, der einem die Wünsche von den Augen abliest 🙂